Neue Technologien

Weltraumschrott im Fokus

DLR und Laserstation Graz demonstrieren erstmals in Europa erfolgreiche Weltraumschrott-Ortung per Laser. Angesichts der sich ständig vermehrenden Schrott-Teile eine sinnvolle Entwicklung.
Quelle: DLR

Quelle: DLR

Jährlich nimmt die Zahl kleiner Schrottteilchen im Weltall um mehrere Zehntausende zu. Noch beruht diese Zahl auf Schätzungen, denn eine genaue Verfolgung dieses Weltraummülls ist bisher nicht möglich. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickeln derzeit ein optisches Beobachtungssystem mit einem leistungsstarken Laser, dessen Pulse auch Teilchen mit einem Durchmesser von nur wenigen Zentimetern erfassen und ihre Umlaufbahn vermessen kann. Das Konzept wurde im Januar 2012 in Zusammenarbeit mit der Laserstation Graz bereits erfolgreich getestet: Erstmals konnten in Europa die Umlaufbahnen von ausgedienten Raketenteilen mit einem Laser vermessen werden. In Zukunft könnte ein stärkerer Laser dann diese Teilchen auch von ihrer Bahn abbringen und zum Verglühen in die Erdatmosphäre wiedereintreten lassen. Mehr als 20 verschiedene Raketenteile in einer Entfernung von 500 bis 1800 Kilometern spürte der Laserstrahl auf, den die Laserstation Graz des Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ins All schickte, um nach den Berechnungen der DLR-Wissenschaftler aus Stuttgart Schrottteile aufzuspüren und deren Entfernung zur Erde zu vermessen. "Damit haben wir die Bestätigung, dass unsere Idee funktioniert", erläutert Prof. Adolf Giesen, Leiter des DLR-Instituts für Technische Physik. Auch wenn lediglich Weltraumschrott in einer Größe von mehreren Metern vermessen wurde - das erfolgreiche Experiment ist ein wichtiger Schritt für die Wissenschaftler. "Zurzeit entwickeln und bauen wir ein System zur Erfassung von Weltraumschrott. Dazu gehört auch ein Laser mit einer höheren Pulsenergie, der auch deutlich kleinere Teile im Weltall erfassen und vermessen kann - dann ist die Ortung von zehn Zentimeter großen Objekten möglich."

Zerstörungskraft des Weltraummülls

Die Notwendigkeit, auch Weltraumschrott in einer Größe von einem Zentimeter zu verfolgen und dessen Umlaufbahnen zu berechnen, nimmt mit jedem Jahr zu. Ausgediente Satelliten oder auch Raketenoberstufen kollidieren im All und zerschellen in immer kleinere Teile. Stoßen zwei Satelliten zusammen, wie im Februar 2009 Iridium 33 und Kosmos-2251, entsteht weiterer Weltraummüll. Bereits jetzt sind in Höhen von 800 bis 1400 Kilometern so viele größere und kleinere Teile im Umlauf, dass aktive Satelliten dabei Schaden nehmen könnten. "Schon ein Teilchen mit einem Durchmesser von einem Zentimeter kann beim Auftreffen einen Satelliten komplett zerstören", erläutert DLR-Abteilungsleiter Wolfgang Riede. Immerhin kreist der Weltraumschrott mit einer Geschwindigkeit von etwa acht Kilometern in der Sekunde durchs All - bei Kollisionen von Objekten, die aus entgegengesetzter Richtung aufeinanderprallen, beträgt die Relativgeschwindigkeit häufig 14 Kilometer in der Sekunde. Ausweichmanöver sind dabei nur dann effektiv, wenn die Positionen des Schrotts möglichst exakt berechnet werden können. Die Beobachtung mit herkömmlichen Radarteleskopen kann dies nur bedingt leisten, und so werden teilweise unnötige Ausweichmanöver mit hohem Treibstoffverbrauch geflogen. Aber auch vermeidbare Kollisionen sind eine Folge von ungenauen Bahnbestimmungen, wenn - wie im Februar 2009 - notwendige Änderungen der Flugbahnen unterlassen werden. Deshalb haben sich die Physiker am DLR Stuttgart ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, das sie bis 2014 erreichen wollen: Sie konstruieren eine Sende- und Empfangseinheit sowie einen Laser, der pro Sekunde 1000 Pulse vom Boden ins Weltall schickt, um das von Schrottteilchen reflektierte Licht mit größter Empfindlichkeit aufzuzeichnen. "Wir schicken hochintensive Laserpulse ins Weltall und zählen anschließend wirklich die einzelnen Photonen, die zurückkommen", erläutert Institutsleiter Giesen. Die Oberflächen der zerlegten Raketen oder Satelliten reichen von schwarz bis glänzend - und sind deshalb schwer zu erkennen. Zudem müssen die Wissenschaftler auch den störenden Einfluss der Atmosphäre berücksichtigen. Dennoch reicht diese geringe Anzahl Photonen den Wissenschaftlern bereits, um Entfernung, Richtung und Lage des Weltraumschrotts mit großer Genauigkeit zu berechnen. Auf den Boden übertragen wäre diese Genauigkeit kaum vorstellbar: Man müsste dann mit dem zukünftigen Beobachtungssystem von Stuttgart aus erkennen können, welche Hand eine Person an der Ostsee hebt.

Gefahr für Satelliten vermindern

Nach dem Aufbau eines Katalogs, der möglichst viele dieser kleinen Schrottteilchen enthält und ihre jeweils aktuellen Positionen verzeichnet, könnte der nächste Schritt - hin zur Reduzierung des Weltraummülls - folgen. "Wenn sich der Weltraumschrott weiterhin vermehrt, können auf den besonders vollen Umlaufbahnen kaum noch funktionstüchtige Satelliten gefahrlos fliegen", sagt Prof. Giesen. "Ihre Lebensdauer wäre sehr verkürzt". Eine Lösung könnte auch hier der Einsatz von extrem starken Lasern sein. Trifft der Laserstrahl auf ein Schrottteilchen, würde Material auf dessen Oberfläche verdampfen und dabei das Teilchen verlangsamen. Schon wenn die Geschwindigkeit um nur 200 Meter pro Sekunde sinkt, würde dieses Objekt in den nächsten Jahren langsam absinken und bei der Annäherung an die dichtere Atmosphäre verglühen. In etwa zehn Jahren, schätzt Giesen, könnte diese Methode erstmals zum Einsatz kommen. "Dadurch würde sich der Anteil an Weltraummüll kontinuierlich vermindern", erläutert Giesen. "Ansonsten wären in 20 bis 30 Jahren so viele Schrottteilchen in einer Umlaufbahn um die Erde, dass in den wichtigen erdnahen Bahnen Raumfahrt kaum noch möglich sein wird."

Quelle: DLR

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